Zur letzten Straßen- und Umweltausschusssitzung erschienen erfreulich viele Bürger aus Büren, die das Thema Reaktivierung der Tecklenburger Nordbahn brennend interessierte. Sie wollten eine Antwort, welchen Nutzen denn ein Personennahverkehr auf dieser Trasse für Lotte habe.
Fraktionssprecher Dieter Hörnschemeyer: „Wir sehen einen solchen Nutzen durchaus. Ein erstes Gutachten vor über zehn Jahren prognostizierte eine Zeitersparnis von 20 Minuten von Wersen bis zur Osnabrücker Innenstadt. Für Berufspendler zwischen Wersen und Osnabrück Innenstadt sind vierzig Minuten täglich gewonnene Lebenszeit ganz beachtlich und die verbleibende Fahrzeit ist eine völlig stressfreie Zeit, nicht im Stop-and-Go-Betrieb des morgendlichen und nachmittäglichen PKW-Berufsverkehrs. Der Zeitgewinn dürfte heute in der Hauptverkehrszeit eher größer sein.“

Umgekehrt haben auch wir personalintensive Betriebe an der Bahntrasse: Kromschröder (1000 Arbeitsplätze), Vedes (313 Arbeitsplätze) Kötter & Siefker (150 Arbeitsplätze), SB-Zentralmarkt (180 Arbeitsplätze), Poco (ca. 50 Arbeitsplätze), Hagebau (21 Arbeitsplätze). Dort werden sich auch viele Beschäftigte überlegen, ob sie sich nicht lieber eine Monatskarte für ca. 100 € für die Bahn lösen und dafür z. B. auf den Zweitwagen verzichten können, der jeden Monat mindestens 100 € Kosten verursacht, bevor auch nur ein Kilometer gefahren wird. Wenn all diese Arbeitnehmer , die rechnen können, auf die Bahn umsteigen, ergibt das eine gewaltige CO2Ersparnis und weniger PKW-Verkehr in Büren.
Für ein paar hundert Schüler, die in Richtung zur Gesamtschule nach Westerkappeln oder zum Gymnasium / zur Realschule nach Mettingen wollen, dürfte die Fahrzeit auch eher kürzer werden, wenn sie mit dem Zug fahren. Der Zug in diese Gegenrichtung bietet den Kindern wahrscheinlich eine wesentlich bequemere Fahrt als in der qualvollen Enge der Schülerbusse.
Wir denken daher, dass diese Bahnlinie auch für Lotter Bürger Vorteile bietet. Aber wir Grüne möchten noch einen Schritt weitergehen. Ratsmitglied Stefan Franke: „Wer uns wählt, muss akzeptieren, dass wir nicht kurzfristige Klientelpolitik zugunsten der Bürger unseres Ortsteils betreiben. Als Grüne sehen wir auch langfristige Interessen, und zwar nicht nur unseres Ortsteiles.“
Uns wurde klar, dass wir eine weiterreichende Verantwortung tragen, nicht nur unseren eigenen Wählern gegenüber, sondern auch gegenüber denjenigen, die unter der Verkehrs- und Umweltpolitik mehr leiden als wir. Wir in Lotte leben in vergleichsweise sauberer Luft, haben keine erhöhten Feinstaub- und Stickoxidwerte zu ertragen wie beispielsweise die Menschen in Osnabrück am Wall und in den angrenzenden Straßen. Wir wollen nicht nach dem Sankt-Florians-Prinzip (Heiliger Sankt Florian zünd nicht mein Haus, zünd andere an!) Politik machen! Die Verkehrslasten werden gleichmäßiger verteilt und verringert, wenn es uns gelingt, einen Teil des Verkehrs auf die Schiene zu verlagern, der schadstoffärmer und schneller ist als der PKW-Individualverkehr. Wenn 100 Personen zu ihrem Arbeitsplatz in Osnabrück mit dem Zug fahren, so entstehen weniger Schadstoffe als wenn 100 Personen in ca. 80 PKW ihr Ziel erreichen und ein Stau in Osnabrück wird auch verhindert oder zumindest kürzer.
Der Haller Wilhelm und die Nordwestbahn zeigen, dass das geht. Beides sind Erfolgsmodelle mit steigenden Fahrgastzahlen. Sie fahren durch dicht besiedelte Gebiete und die Leute dort schätzen die kurze Anbindung. Bei der Nordwestbahn sind Neubaugebiete explizit an der Trasse geplant worden und das hat die Bauplätze für viele attraktiver gemacht. Hunderte von Fahrrädern am Hasetor- und am Hauptbahnhof beweisen die Akzeptanz dieser reaktivierten Bahnstrecken.
Man hört auch nichts von Kindern, die mit Tempo 80 überfahren wurden. Eltern müssen ihre Kinder vor die Gefahren des Straßen- aber auch des Schienenverkehrs warnen und so lange sie das noch nicht verstehen, beaufsichtigen. Im Übrigen ist die Schienentrasse deutlich besser abgesichert als die Straße, auf der nachgewiesenermaßen mehr Kinder ums Leben kommen. Niemand kommt deshalb auf die Idee, die Abschaffung der Straßen zu fordern.
Hier werden Argumente vorgeschoben, statt zu sagen, wir wollen den Lärm nicht. Aber dieser Lärm ist erträglich im Vergleich zu dem Dauerlärm in der Innenstadt. Fraktionsmitglied Glüder: „Ich weiß noch, wie meine Kinder im Kleinkindalter „Zug“ sagten und mir wurde bewusst, dass sie den vorbeifahrenden Zug hörten, ich dagegen nahm das Zuggeräusch gar nicht mehr wahr.“
Wer in Büren gebaut hat, wusste von der Eisenbahnlinie, und kann nicht darauf bestehen, dass der jahrelang ruhende Verkehr auf der Trasse auf immer andauert. Auch wir Grüne dachten vor einigen Jahren noch, dass die Trasse einfach entwidmet werden könne. Das Eisenbahngesetz lässt das nicht zu! Bestehende Schienentrassen müssen erhalten bleiben und der Eigentümer (in diesem Fall der Regionalverkehr Münsterland, RVM) ist gesetzlich verpflichtet, diesen Schienenweg verkehrsfähig zu erhalten. Das ist auch nachvollziehbar, Politiker aller Parteien müssen im Fall von Interessen-konflikten abwägen, was wichtiger ist. Wenn immer nur den Interessen der unmittelbaren Anwohner entsprochen würde, gäbe es bald weder Industriegebiete noch Autobahnen noch Kläranlagen, noch Kraftwerke, noch …., noch Eisenbahntrassen.